Die neue AUTOMOTIVE ENGINEERING EXPO stößt auf positive Resonanz bei Automobilherstellern und -zulieferern. Unter den Ausstellern der automobilen Fachmesse mit Kongress für die gesamte Produkt- und Servicepalette rund um die Prozesskette Karosseriebau, -lackierung und -montage sind zahlreiche Branchengrößen: ThyssenKrupp, Böllhoff, EDAG Production Solutions, TRUMPF Laser- und Systemtechnik und weitere haben sich bereits angemeldet.
Im Vorfeld der Messe, die erstmals vom 4. bis 6. Juni 2013 im Messezentrum Nürnberg stattfindet, spricht Dr. Klaus Koglin, Sprecher des OEM Messebeirats der AUTOMOTIVE ENGINEERING EXPO, Leiter Technologieentwicklung der AUDI AG bis Ende Oktober 2012 und heute Berater des Teams Anlaufmanagement Q7 in Bratislava, über die Zukunft des Karosseriebaus, visionäre Zulieferer und warum die Prozesskette "lackierte Karosserie" ein eigenes Forum braucht.
Dr. Klaus Koglin, Sprecher des OEM
Messebeirats der AUTOMOTIVE
ENGINEERING EXPO, Leiter
Technologieentwicklung der AUDI AG
Bild: Vincentz Network/NürnbergMesse
Welche Bedeutung hat der Karosseriebau in der Automobilproduktion?
Koglin: Der Karosseriebau ist ? mit wenigen Ausnahmen ? die Inhouse-Kompetenz der OEM. Hier haben die Automobilhersteller ein sehr großes Design- und Fertigungs-Know-how und den schnellsten Zugriff auf Prozess-, Werkstoff- und Fügetechnik-Innovationen.
Die Karosserie ist die Fahrzeugkomponente mit dem größten Gewicht, das nicht zuletzt durch die Sicherheit, den Komfort und die Emotionalität bestimmt wird. Damit ist der Karosseriebau ein Schlüsselgewerk innerhalb der Automobilproduktion.
Weil die Antriebstechnik u. a. schwerer wird, müssen Autos bei der Karosserie abspecken. Welche neuen Entwicklungen gibt es?
Koglin: Der Leichtbau von Fahrzeugen ist ein grundsätzliches Anliegen der OEM, um niedrige Kraftstoffverbräuche, geringe Emissionen und eine gute Fahrzeug-Performance sicher zu stellen. Leichtbau findet in der Karosserie ebenso statt wie im Powertrain, im Fahrwerk oder Interieur. Dabei spielt die Karosserie eine besondere Rolle. Die Entwicklungen in der Karosserie sind geprägt durch die Entwicklung neuer Werkstoffe mit höheren Festigkeiten, neuen Prozessen für die Bauteilherstellung und der Kombination unterschiedlicher Werkstoffe. Daraus resultierend entstehen neue Fügeverfahren und neue Fertigungsprozesse für die lackierte Karosserie. Gleichzeitig verändert sich die Karosseriestruktur in ihrem Aussehen, da unterschiedliche Werkstoffe unterschiedliche Funktionalitäten haben und damit werkstoffabhängige Designlösungen generieren.
Wie weit sind wir von einer Leichtbau-Karosserie entfernt, die verschiedene Materialien wie Aluminium, Stahl und Kunststoff kombiniert?
Koglin: Solche Lösungen gibt es heute bereits. Stahlkarosserien werden mit Hang-on-Teilen aus Aluminium versehen oder weisen in ihrer Struktur Aluminium-Komponenten auf, z. B. Federbeinabstützungen aus Aluminium-Druckgussbauteilen, Aluminium-Blechbauteilen etc. Andere Beispiele aus unserem Haus sind der Audi TT mit einem kompletten Stahlhinterwagen in der Audi-Space-Frame (ASF)-Struktur aus Aluminium oder der Audi A8 mit ASF-Struktur und einem Pfosten B aus höchstfesten Stahl. Auch im Segment hochpreisiger Sportwagen finden wir Materialkombinationen aus Aluminium-, CFK- und Kunststoff-Bauteilen.
Ist der reine Stahl-Leichtbau an seine Grenzen gelangt?
Koglin: Die reine Stahlkarosserie werden wir auch in Zukunft antreffen. Hier wird der Leichtbau durch neue höherfeste Werkstoffqualitäten bestimmt, durch Tailored Rolled oder Welded Blanks oder die Realisierung unterschiedlicher Festigkeiten an einem Bauteil. Realität ist bereits die Kombination unterschiedlicher Bauteildicken mit unterschiedlichen Festigkeiten. Innovative Bauteile der Zukunft werden eben nicht mit einer Materialdicke und einer Werkstoffeigenschaft gestaltet, sondern entsprechen der funktionellen Anforderung mit einer Vielzahl von Möglichkeiten. Hierzu sind neue Werkstoffe und neue Prozesse erforderlich. Die Frage, ob die Karosserie aus Stahl eine Zukunft hat, ist damit beantwortet. Sie wird künftig bestimmend für Kleinfahrzeuge bleiben.
Welchen Einfluss haben Zulieferer auf zukünftige Karosseriekonzepte?
Koglin: Ohne Lieferanten könnten die OEM ihre Zukunftsvisionen im Bereich der Karosserie nicht Wirklichkeit werden lassen. Beispielsweise die Werkstoffentwicklung und Produktion von Stahlblechen, Aluminium-Blechen, Aluminium-Profilen und Gusstechnik, die Entwicklung und Produktion von Carbon-Fasern, Matrixwerkstoffen, Fügeverfahren und Oberflächenverfahren sind traditionelle Kernkompetenzen der Zulieferer, die über unsere Branche hinausgehen. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Starke Visionen der OEM gepaart mit starken visionären, kompetenten und leistungsfähigen Zulieferern sind die Basis für wettbewerbsfähige, zukunftsorientierte Karosseriekonzepte.
Es gibt schon viele Automobil-Messen. Warum braucht die Prozesskette Karosseriebau, -lackierung und -montage ein eigenes Forum?
Koglin: Existierende Automobil-Messen haben vordergründig das Gesamtprodukt im Fokus. Man findet zwar auch Lieferanten auf einigen dieser Messen, aber nicht mit dem ganzheitlichen Zuschnitt auf die Prozesskette vom Einzelteil bis zur lackierten Karosserie. Außerdem erfordert die Globalisierung neue Kommunikationsplattformen.
AUTOMOTIVE ENGINEERING EXPO 2013
4.6. bis 6.6.2013, Messegelände Nürnberg
Quelle: Vincentz Network